Generali Berliner Halbmarathon 2024
...und da tauchen plötzlich auch schon Tina und Berthold neben mir
auf. Zu schnell. Kurz darauf kommt Domi auf meine Höhe. Ich lauf ein
Stück ran. "Sersn Domi". Er sieht rüber und lächelt "Na du wirst mich
doch heute nicht zu meiner nächsten Bestzeit pacen, Matze?". Ich lass
es ein bisschen mit rollen, bin aber eher skeptisch dass ich das heute
wirklich schaffe, auch wenn ich richtig Bock drauf hätte noch
ne Schippe draufzulegen. Aber zu groß noch der Trainingsrückstand
und es wird wohl echt gut warm heute. Ich schau auf die Uhr.
Wir laufen einen, vielleicht eineinhalb Kilometer zusammen.
"Hey Domi, sorry aber mach mal alleine weiter, das is grad noch
nix für mich". Als er rüberschaut und nochmal lächelt ist mir klar,
dass er heute eine neue PB raushauen wird: "alles cool, viel Spaß dir". Ich lass ihn ziehen "viel Erfolg, hau rein!" ich gönn's ihm und fahr die Drehzahl wieder auf mein eigenes Tempo runter, bei dem ich das Gefühl habe, es halten zu können. Das wird heute mal mein eigenes Rennen... Ich denke kurz zurück an den genialen Sommerabend im Biergarten, als wir wiedermal MaliCrew Stammtisch hatten."...jetzt komm, das wird echt gut" sitzt Schlenko neben mir und versucht mich, wie schon ein paar andere vorher, zu überreden, mich für Berlin anzumelden. Ich hab aber eigentlich keine Motivation, da ich gerade physisch und mental in einem Loch hänge. "Die halbe MaliCrew is dabei, das kann doch nur gut werden". Und ja, irgendwo hat er echt Recht. Wenn ich an den Trip zum Haspa Marathon denke, oder an die regionalen Läufe hier bei uns, bei denen unsere Truppe so gut vertreten war, kann das eigentlich nur gut werden. Na gut und so ein kleines Ziel kann ich mir schon setzen. Ich melde mich also ein paar Tage später an und lass das restliche Jahr auf mich zukommen, es ist ja noch etwas Zeit bis in den April...
Micha und Iris sind mal wieder pünktlich wie sonst auch. Es schlägt neun, als sie in die Kurve in meine Straße einbiegen und wir machen uns der A9 entlang auf den Weg Richtung Norden. Ein paar Stunden und einen staubedingten (selbstverständlich mitgetrackten) Spaziergang auf der Autobahn später, kommen wir an der Starnummernausgabe an. Der alte Flughafen Tempelhof ist immer wieder imposant. Ich liebe das hier.
Es dauert zwar echt lange bis wir unsere Unterlagen haben. Kein Wunder, bei einem Teilnehmerrekord von fast 40.000 Starterinnen und Startern, aber dieses Ambiente hat man halt nicht jeden Tag. Die Architektur, die alte Abflughalle, total genial. Danach fahren wir ins Hotel zum einchecken, Zimmer beziehen und erstmal kurz ausruhen. Meinen letzten Halbmarathon bin ich im November am Hockenheimring gelaufen. Beste Bedingungen bei vier Grad. Und das ganze, allem voran, nach langem endlich wieder beschwerdefrei. Diesmal wird es jedoch deutlich wärmer. Ich werde also für eine ordentliche Hydrierung und nen Schwung Elektrolyte sorgen. Mein Trainingszustand ist nicht der, den ich mal hatte. Das letzte Jahr war ziemlich zäh und ich hatte mit Verletzungen, ordentlich Stress und ein paar Infekten zu kämpfen. Zum Jahreswechsel hin nochmal Corona und ein Hexenschuss im Februar rundeten das Programm ab. Dennoch bin ich guter Dinge hier vernünftig durchzukommen. Es geht ja um nichts, wir machen das aus Spaß. Aber dazu später mehr, denn erstmal lockern wir die Beine bei einem Spaziergang im Regierungsviertel und entlang der Spree auf. Das Wetter macht Bock auf den Lauf und die Stimmung in der Stadt ist gut. Gefühlt hat, egal wohin man blickt, jeder Mensch ein Bändchen am Arm oder zumindest ne Sportuhr dran.
Wir treffen uns am Abend alle beim Italiener und haben das halbe Restaurant nur für uns. Leider sind sie hier etwas überfordert mit den ganzen kohlenhydrathungrigen Sportlern, denn auch hier hat jeder ein Bändchen dran und will nochmal verpflegt werden. Wir warten also wieder lange, nur diesmal aufs Essen. Vielleicht will das Leben etwas mitteilen. Es hat halt alles seine Zeit. Im Job, im Sport, überall. Eine Pizza, 'nen coolen Abend, ein Gruppenfoto mit allen und ein paar Schritte zu Fuß zurück zum Hotel später, liege ich im Bett und versuche zu schlafen. Nach einer Weile bin ich weg und wache am nächsten Morgen gut ausgeruht auf. Zum Frühstück gibt's Haferflocken mit Hafermilch und Vollkornsemmeln mit Hummus, dazu eine Banane und: ordentlich Flüssigkeit. Wir treffen uns vor dem Start alle vorm Reichstag um das nächste Gruppenfoto zu machen. Toll dass ihr alle da seid. Roland hat Geburtstag, bekommt ein Ständchen und wird sich heute eine brachiale Zeit gönnen. Anja ist mal wieder überdurchschnittlch nervös, während Thomas mit passenden
Sprüchen für Stimmung sorgt und Domi sich kaum noch halten kann
endlich loszulaufen. Wir gehen gemeinsam rein, nur um uns nach einer
Minute schon wieder verloren zu haben. Im Startbereich trifft man den
ein oder anderen tatsächlich wieder. Fast unglaublich bei der
Menschenmenge. Ich laufe mich warm und mache ein paar
Steigerungen. ein bisschen dehnen und ab in den Block. Durch meine
Bestzeit wurde ich in Block A eingeteilt und bin mir sicher hier heute
nicht reinzupassen. Die Stimmung taugt was und als sich der
Menschenhaufen in Bewegung setzt, versuche ich mich nicht allzu
sehr mitziehen zu lassen. Ich laufe die Pace, die ich mir zutraue und
werde erstmal reihenweise überholt. Mich stört das nicht die Spur. Mal mache ich mal einen Platz gut, nur um gleich wieder 10 Plätze zu verlieren. Das geht für mich irgendwie voll in Ordnung. Ich möchte gerne wieder in meine alte Form kommen, das wäre zu schön, aber momentan geht das noch nicht, und ich habe noch keinen Lauf mit Gewalt durchgezogen und habe auch keine Absicht darauf. Nach den ersten Kilometern schaue ich nach rechts und da tauchen plötzlich auch schon Tina und Berthold neben mir auf. Zu schnell. Kurz darauf kommt Domi auf meine Höhe. Ich lauf ein Stück ran. "Sersn Domi". Er sieht rüber und lächelt "Na du wirst mich doch heute nicht zu meiner nächsten Bestzeit pacen, Matze?". Ich lass es ein bisschen mit rollen, bin aber eher skeptisch dass ich das heute wirklich schaffe, auch wenn ich richtig Bock drauf hätte noch ne Schippe draufzulegen. Aber zu groß noch der Trainingsrückstand und es wird wohl echt gut warm heute. Ich schau auf die Uhr. Wir laufen einen, vielleicht eineinhalb Kilometer zusammen. "Hey Domi, sorry aber mach mal alleine weiter, das is grad noch nix für mich". Als er rüberschaut und nochmal lächelt ist mir klar, dass er heute eine neue PB raushauen wird: "alles cool, viel Spaß dir". Ich lass ihn ziehen "viel Erfolg, hau rein!" ich gönn's ihm und fahr die Drehzahl wieder auf mein eigenes Tempo runter. So fühlt es sich gut an und das lasse ich rollen. Stimmung an der Strecke ist bisweilen gut. Hier und da mal ein größeres leeres Loch das ich so nicht erwartet hatte, denn beim Berlin Marathon steht von Beginn bis Ende gefühlt alles voll. Es geht weiter und ich suche ab und zu mal jemanden an den ich mich hängen kann, aber nichts war's. Jeder ist entweder zwei Sekunden zu schnell oder zu langsam. Das wird heute mein eigenes Ding. Geht klar. Nach einer handvoll Kilometern sitzen die ersten draußen. Es wird einfach zu warm. Ich mache hier und da ein paar Plätze gut und stelle mal wieder fest, dass einige der Meinung sind sich komplett abschießen zu müssen. Leute macht eure Läufe, lauft eure Zeiten, haut einen raus, alles gut! Aber seid bitte entsprechend trainiert, lauft das gut durch und quetscht euren Körper nicht bis aufs Letzte aus! Denn wie gesagt, machen wir das aus Spaß. Es reißt nicht ab, dass Leute am Rand sitzen. Ein paar einzelne werden behandelt, andere sind einfach durch. Viele haben bei deutlich niedrigeren Temperaturen trainiert. Plötzlich 10-15 Grad mehr, merkt man wie verrückt. Bei Kilometer 13 holt mit Olli ein. Auch er hat mit der Sonne zu tun. Mich zieht es langsam in ein Loch und ich suche nach Motivation. Die Stimmungsnester die immer wieder auftauchen helfen gut und bei der Verpflegung nehme ich deutlich raus oder bleibe kurz stehen. Ein Becher Wasser für's Herz, einer über den Kopf. Das passt. Bei Kilometer 16 kommt meine Motivation so langsam wieder. Nicht mehr weit. Ich nehme jeden noch so kleinen Schattenfleck mit, ein paar Windzüge gibt es auch. Das tut gut.
Die Stimmung scheint immer besser zu werden und die Leute am Rand treiben an.
Der Kurs liegt auf 1:33:xxh und ich bin zuversichtlich jetzt nicht mehr schlappzumachen.
Die Beine werden langsam schwer, ein Zeh verabschiedet sich und die 18 Kilometer
sind voll. Noch dreikommaeins. Nach 20 Kilometern ertappe ich mich dabei wie ich mir
selbst auf die Schulter klopfe, denn ich habe mein Ziel fast erreicht. Als ich aufs
Brandenburger Tor zulaufe und es durchquere höre ich von rechts meinen Namen rufen.
Iris steht da und macht Fotos. Na komm die 200 Meter werden ja jetzt wohl noch
drin sein... Nach 1:33.29h endet für mich die Zeit und es beginnt ein Gefühl der
Zufriedenheit. Auf dem Weg durch die Finisher treffe ich vertraute Gesichter, darunter
viele der MaliCrew. Nochmal nicht zu fassen, dass man sich unter der Menschenmenge
und dem riesen Areal wieder so zahlreich sieht. Und was war jetzt das Ziel?
Mit vielen bekannten Gesichtern ne tolle Zeit verbringen und einfach beschwerdefrei,
gesund und gut durchkommen. Der Rest kommt von alleine wieder und ist Zugabe.
Denn alles hat seine Zeit, die Startnummernausgabe, die Pizza, einfach alles.