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Goldsteig Trip Tag 3

Gut ausgeschlafen heute. Es ist kurz nach halb sieben und die Morgensonne

wärmt den Berg auf. Ich steh auf und meine Beine fühlen sich heute nach

Laufen an. Es geht vom Großen Falkenstein zum Großen Rachel. Die letzte

Etappe hat ca. 26km und knappe 900hm. Ich packe meinen Rucksack und

gehe die Treppe nach unten zum Frühstück. Sieht gut aus. Brot, Käse, Nutella,

Honig, alles auf was ich jetzt Bock habe. Dazu Saft und ein toller Blick aus

dem großen Panoramafenster des neuen Falkensteinschutzhauses.

Ich esse viel, aber nicht zuviel. Trinken ist das wichtigere. Ich schlucke, bevor

es losgeht, nochmal über eineinhalb Liter runter, dann sollte jede Zelle meines

Körpers ordentlich nass sein. In Bayerisch Eisenstein habe ich gestern

ohnehin nochmal für Getränkenachschub gesorgt. Zusätzlich zwei 0,5 Liter Flaschen passten noch in den Rucksack. Schon geil, was der inov-8 Race Elite so fassen kann, ohne dabei nervig am Rücken zu baumeln. Laut Karte komme ich auch an einigen Bächen und Quellen vorbei. Das ist wichtig, denn es soll wiedermal ausreichend warm werden und eine Einkehrmöglichkeit gibt es auf diesem Teil des Goldsteigs nicht. Ich gehe nochmal aufs Zimmer, schaue ob ich alles dabei habe und nichts vergessen hab und zieh die Tür hinter mir zu. Ich gebe meinen Schlüssel ab, das Personal der Hütte ist im übrigen der Hit, freundlich, aufmerksam, toll. Hier fühlt man sich wohl. Da kann man sicher toll ein langes Wochenende auf dem Berg bleiben. Vielleicht machen wir das mal. Unten im Schuhkeller treffe ich auf eine Wanderin, die läuft ebenfalls die gleiche Strecke und hat hier genächtigt. Wir plaudern ein wenig und tauschen uns über unsere Erfahrungen aus. Sie ist leicht verblüfft, als ich ihr sage, dass ich nur mit 3kg unterwegs bin. Sie hat gute 13kg dabei. Aber man lernt mit der Zeit eben, was man wirklich braucht und was Luxusartikel sind. Was habe ich denn alles dabei? natürlich das was ich anhabe, also eine Laufhose, ein Tank                                                                                        Top und mein Cap, sowie meinen Laufgürtel in dem sich mein Messer und                                                                                               meine GoPro befinden. Im Rucksack findet sich noch: eine Ersatzhose, ein                                                                                                 Ersatzshirt, ein Longsleeve falls es mal frischer wird, Ersatzsocken, ein kleines                                                                                         Erste Hilfe Set (mit zwei Mullbinden, Pflastern, Zeckenzange, Schmerztabletten,                                                                                     etc.), Taschentücher, 2x0,5 Liter Wasser, Ladekabel und eine kleine Powerbank,                                                                                       Mini Hygiene Set (Shampoo, rei, Zahnpasta, Zahnbürste, Sonnencreme, Nivea                                                                                         Creme), Geldbeutel, Kleines Handtuch, ein paar Riegel und eine Nussmischung.                                                                                     Man sieht, es braucht nicht viel zum Glücklichsein.

Ich laufe los und es geht erstmal schön eben vor sich hin. Perfekt zum reinkommen. Nach den ersten paar hundert Metern dann aber ein knackiges Stück bergab, rollen lassen ist hier nicht, zu steil, aber es geht in den Wald und der hat eine perfekte Temperatur. Ich komme schon an der ersten Quelle vorbei, ehe es wieder leicht bergan in einen reinen Buchenwald geht. Noch nie gesehen, dass es auch Buchenmonokulturen gibt. Hier lebt ebenso wenig, wie in einer Fichtenplantage. Sieht aber wenigstens schöner aus und das Klima ist angenehmer. Ich laufe weiter und mein Weg führt mich, wie schon gestern über den ersten Schachten. Hier ist das Land noch offen und man kriegt die volle Sonne ab. Schön anzusehen sind die Schachten. Schade nur, dass sie nicht mehr genutzt werden. Am Scheuereckberg (1193m) habe ich kurz Probleme den Weg wieder zu finden und suche verzweifelt nach dem Goldsteig Symbol, welches sonst oft gut sichtbar an Bäumen und Schildern angebracht ist. Nach kleiner Irrfahrt finde ich mich aber wieder zurecht und bin auf dem richtigen Weg Richtung Rachel. Menschen treffe ich auf dieser Etappe kaum welche. Ob das an der fehlenden Einkehrmöglichkeit liegt? Am Wetter sicher nicht, denn das hält traumhaft durch. Das nächste Stück ist ein wenig monotoner, es geht ein paar Kilometer auf einem welligen Forstweg entlang, aber irgendwann geht es mal links weg hoch in den Wald. Dort treffe ich auf zwei Wanderer, die gerade ihre Wasservorräte auffüllen. Ich mach dasselbe und wir unterhalten uns ein wenig. Die beiden kommen aus Hannover und Bremen und sind auf dem Weg den kompletten Goldsteig abzuwandern.

Von Marktredwitz über die Nordroute bis eben nach Passau. Das ganze Brett.

Und die haben leider erst vor kurzem erfahren, dass das Waldschmidthaus am

Rachel geschlossen hat. Keine Übernachtungsmöglichkeit. Die beiden müssen

wohl Abends noch runter vom Berg und sich eine Alternative suchen. Das ist

hart nach einem so langen Tag. Denn sie haben auch noch einige Kilometer und

Höhenmeter vor sich. Wir reden noch ein wenig weiter und wünschen uns viel

Spaß auf unserer weiteren Tour. Das waren ein paar der wenigen, die ich auf

dem Weg getroffen habe. Bis zum Rachel, oder zumindest bis kurz davor,

kann man die Menschen, die ich getroffen habe, an einer Hand abzählen. Schade, wenn man bedenkt, dass das hier wirklich eine der schönsten Routen des Goldsteigs ist. So abwechslungsreich über die Schachten, durch Wald, vorbei an vielen Quellen, an denen man sich erfrischen kann. Warum lassen sich das so viele entgehen? Nur weil es unterwegs keine Pommes zu kaufen gibt? Man weiß es nicht. Für mich geht es jedenfalls weiter und ich habe gut die Hälfte der Strecke hinter mir. Weiter durch den Wald, weiter vorbei an Quellen und Bächen, bei denen ich an jeder mein Cap nasskalt mache und meine Wasservorräte auffülle. Soft Flasks leertrinken und mit bestem Bergwasser wieder auffüllen. Was will man mehr? Ich komme vorbei am Lindberger Schachten und es geht etwas bergab. Danach nochmal hoch in einen wunderschönen Mischwald mit tollen Singletrails. Jetzt bin ich happy, dass hier keiner ist, denn ich kann den Trail gut durchlaufen und muss niemanden ausweichen. Ich komme aus dem Wald und laufe direkt auf den Latschensee zu.

Das Wasser sieht schon sehr moorig aus und ich bin sicher ganz nah am

Zwieselter Filz. Hier mache ich Pause und gönn mir einen meiner Riegel.

Mmmmmh schön warm und durchgeweicht das Teil, aber schmecken tut er.

Ich bleibe eine Weile hier sitzen und genieße den Blick auf diesen tollen kleinen

See, ehe ich weiter laufe und das Moor auf seinem Bohlenweg durchquere.

Sicher gute 2km geht es hier auf Bohlen durch das Hochmoor Zwieselter Filz.

Hochmoore werden nur durch Niederschlägen gefüllt und sind sehr

nährstoffarm. Das Moor ist 25 Hektar groß und ist Heimat des Sonnentaus. 

 

                                                                                    Sehr imposant lässt es sich durchqueren. Es ist auf jeden Fall eines der                                                                                                       Gegenden, in denen ich in diesen drei Tagen sein drufte, die am meisten                                                                                                   Eindruck hinterlassen. Am Ende des Zwieselter Filz kommt man am nächsten                                                                                           Schachten vorbei. Auch hier mache ich kurz Pause und genieße den Blick über                                                                                       die Weide. Ich laufe weiter und liege etwa 50 Meter weiter auf dem Bauch. Ein                                                                                         morsches Stück Holz, das durch die ganzen Heidelbeersträucher verdeckt war,                                                                                       hat mir das rechte Bein festgehalten. Alles gut gegangen, nur das linke Knie hat                                                                                       ne kleine Macke. Wird schon gar halten. Ich laufe weiter und merke das Knie. So                                                                                     kurz vorm Schluss sollte möglichst nichts mehr passieren, denke ich und gehe davon aus, dass sich das wieder rausläuft. Etwas später habe ich keine Probleme mehr und kann wieder bedenkenlos laufen. Einen knappen Kilometer liege ich wieder flach. Diesmal ein Stein, der das linke Bein nicht weiterlassen wollte. Was ist denn jetzt los? Stolper ich gar auf den Rachel? Ich bin kurz dem Verlorenen Schachten und komme nochmal an einem Bach vorbei, an ich mein Cap etwas nass und kalt machen kann. auf dem Weg zum Bach knicke ich rechts hart um. ALTER! Aber irgendwie geht es gut. Ich grüße die Leute dort, die aus unbekannten Gründen zwei 10Liter

Kanister befüllen und laufe weiter an einer Tschechischen Wandergruppe vorbei

am Verlorenen Schachten und begebe mich auf das letzte Stück vor dem

Großen Rachel. Hier büße ich leider nochmal zwangsläufig einige Höhenmeter ein,

ehe ich am Fuß des Berges stehe und den letzten Anstieg meines Trips vor mir

habe. Ich füll nochmal alles an einem Fluss auf und mache mich auf den Weg.

Das erste Stück geht es über einen Forstweg in entspanntem Anstieg bergauf

und ich kann das alles gut laufen. Wenn das so weitergeht, bin ich in einer

3/4 Stunde oben, denke ich. Mittlerweile hat sich meine Beinmuskulatur so an

das Bergauflaufen eingestellt, dass ich recht flott hochkomme. Aber dann kommen endlich mal richtige Bergwege auf mich zu und ab hier kann ich fast nur noch gehen. Vorbei an kleinen moorigen Teichen, auf engen Wegen komme ich langsam, aber dafür in schönster Umgebung voran. es wird steiler, höher, und der Ausblick mit jedem Schritt schöner. Es ist derb anstrengend und die Sonne platzt jetzt ausreichend heiß runter. Aber bald sollte ich oben sein und denke an meine zwei Wanderer aus dem hohen Norden. Die haben das alles noch mit ihren schweren Rucksäcken vor sich, wenn es noch heißer sein wird. Das erinnert mich an die erste Wanderung, die ich mit meinem Bruder und seinem Kumpel Steffen über die 12-tausender von Schönbuchen zum Großen Arber unternommen haben: Bullenhitze und viel zu viel Gepäck dabei. Ich bin glücklich über meinen leichten Laufrucksack mit Sparausrüstung. 

 

                                                                                        Auf den letzten Metern bis zum Waldschmidthaus kann ich wieder laufen und                                                                                         genieße die Aussicht über diese Hochebene. Der Rachel ist immer wieder eine                                                                                         Reise wert. Die nächste Etappe würde mich zum Lusen führen. Aber für mich                                                                                           ist hier Schluss. Drei Tage Goldsteig liegen hinter mir. Das waren 76,7                                                                                                           Kilometer mit insgesamt 3.625 Höhenmetern, für mich und mein                                                                                                                 Spendenprojekt für die Freie Naturschule Ravensburg. Ich bin glücklich,                                                                                                 diesen Trip gemacht zu haben und dass ich diese vielen tollen Eindrücke und                                                                                         Erfahrungen aufsaugen durfte. Die vielen Gipfel, die Begegnungen mit                                                                                                       inspirierenden Menschen, die Landschaft mit ihren Wäldern, Schachten,                                                                                                    Seen, Ausblicken, Sonnenuntergängen, Quellen und Bächen, die Krämpfe und das schwitzen, die Fliegenplagen und der Durst, das einkehren, die Anstiege auf die Berge und vieles anderes. Das macht Lust auf mehr. Und ich kann jedem, der das hier liest, nur empfehlen mal wieder rauszugehen und die Natur zu erkunden. Denn nur was man kennt, kann man auch schützen. Und was jetzt? Mir schwirren schon die nächsten Dinger im Kopf rum, aber erstmal lass ich alles sacken.

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