Interview mit Daniel Kopp
Servus, Daniel! Freut mich, dass du dir ein wenig Zeit nimmst. Was macht das Laufen mit dir?
Also ich würde schon sagen, dass das eine Passion ist, die mir ziemlich wichtig ist. Meine Freizeitgestaltung wird durch diesen Sport stark strukturiert. Die große Kunst dabei ist, die erforderliche Zeit so einzuweben, dass kein negativer Impact auf mein soziales Umfeld entsteht.
Du bist viel in den Bergen unterwegs. Hast du eine feste Trainingsumgebung oder zieht es dich auch mal in andere Ecken zum Laufen?
Mir ist wichtig, dass meine Alpinen Trails überwiegend laufbar sind, wenngleich
Hiking-Anteile im Ultarunning auch trainiert werden sollen. Aus diesem Grund
habe ich einen schönen Blumenstrauß gut laufbarer Bergstrecken, die ich
immer wieder abklappere. Das verspricht ausreichend Abwechslung,
zusätzlich nehme ich immer wieder mal neue Strecken ins Potpourri auf,
der Motivation wegen. Da ich aber nicht direkt in den Bergen wohne und
die Ausgangspunkte mit dem Auto anfahren muss, soll das Ganze aber in
einem vernünftigen Verhältnis zueinanderstehen. Mein Haupttrainingsgebiet
liegt daher in den Bayrischen Voralpen zwischen Kochel und Füssen.
Und was fasziniert dich an den Bergen am meisten?
Hier in Bayern ist Natur nicht Natur, sondern fast alles Kulturlandschaft, will heißen, es sieht zwar grün aus, ist aber eigentlich gar keine echte Natur. Die ist inzwischen auf ein paar wenige Prozent zusammengeschrumpft. In den Bergen kann man einer ursprünglichen Natur noch am nächsten kommen. Wenn man dann noch auf Strecken abseits der von Seilbahnen und bewirtschafteten Hütten unterwegs ist und man über Stunden keinem Menschen mehr begegnet, entsteht für mich ein exklusives Naturerlebnis. Ich würde behaupten der Sport tritt da sogar in den Hintergrund. Es ist eben einfach meine Art der Fortbewegung in den Bergen.
Was war bis jetzt deine längste gelaufene Distanz und wo bist du die gelaufen?
64km beim Zugspitzultratrail. Ich finde diese Distanz nice. Man bewegt sich bereits deutlich im Ultrabereich aber die Distanz ist für mich noch geeignet wirklich zu Laufen und flott voranzukommen. Da mich immer der böse Verletzungsgeist umweht, werden 70km wohl auch erstmal meine Schallgrenze bleiben. Ich hab‘ damit meinen Frieden gemacht -not.
Wenn man einen Ultratrail finishen will, wie sieht dann das Training dafür aus? Und was muss man während des Rennens beachten?
Bin jetzt nicht der riesen Fan von Trainingsplänen, aber für so einen Ultra geben sie mir als Grundgerüst meines Trainings schon eine gewisse Sicherheit und Struktur. Dieses Grundgerüst male ich dann entsprechend meinen Vorlieben aus. Die größte Aufgabe dabei ist, auch die Hikingfähigkeiten zu trainieren, denn ich bin im Schädel immer mit dem Anspruch unterwegs alles zu Rennen, was bei einem Bergultra für mich aber natürlich nicht durchgängig machbar ist. Also gilt für mich: Einbremsen! Ansonsten, Umfang trainieren, spezifisch trainieren, will heißen: An- und Abstiege, Fahrtenspiele im Gelände, Koordination auf Trails, ans Laufen mit Rucksack gewöhnen, Ermüdungsresistenz verbessern, gezielt ruppige Downhills üben,
nachts mit Stirnlampe laufen…
Worauf sollte man in den verschiedenen Jahreszeiten Rücksicht nehmen, wenn man über Berge rennt?
Dinge wie Müll wieder mit nachhause zu nehmen, nix kaputtzumachen, nicht rumbrüllen, etc. setze ich mal als selbstverständlich voraus. Im Winter sollte man grundsätzlich die Wildruhezonen beachten. Da Bergsport immer beliebter wird, ist im Winterhalbjahr auch nach Sonnenuntergang immer mehr in den Bergen los. Sollte ich mal genötigt sein nachts in den Bergen zu rennen, nutze ich eher Strecken die Tagsüber stärker frequentiert wurden. Das hat den Vorteil, dass sich dort weniger Tiere aufhalten die aufgeschreckt werden könnten und nebenbei sind die Trails nach Neuschnee schön gespurt. Jahreszeitenunabhängig sollte man halt generell auf den Wegen bleiben und Serpentinen nicht abkürzen, da sich dort so manch botanische Rarität verbirgt. Ich finde Trailrunning als Bergsport recht naturverträglich, da wir keine Infrastruktur benötigen und keine Spuren hinterlassen. Zudem haben alle Trailrunner, die ich kenne, ein sehr naturpositives Mindset.
Cool, dass du auch so auf die Natur acht gibst! Bleiben wir doch gleich dabei: welche Jahreszeit ist denn die deine?
Frühling und Herbst. Ich mag die Dynamik der Veränderung, die zu diesen Jahreszeiten in der Natur steckt. Prinzipiell finde ich den Wechsel der Jahreszeiten schon fein, so dass ich jeder Season etwas abgewinnen kann.
Deine Kamera ist immer am Mann. Hast auch ein echt gutes Händchen für tolle Bilder. Wie schaffst du es, das mit dem Selbstauslöser so gut zu timen? Oder ist immer jemand dabei?
Danke fürs Lob, freut mich natürlich, wenn dir die Fotos gefallen. Fotografie war früher
eines meiner Hobbies, das lässt sich mit dem Laufen und social Networking gut
verbinden, wenngleich man sich beim Laufen natürlich nicht die Zeit nehmen kann
Bildausschnitte aufs Feinste festzulegen. Viele meiner Aufnahmen sind aus der Hüfte
geschossen, wie gut man darin ist, ist auch ein Stückchen Gewohnheit und Erfahrung.
Selbstauslöser-Bilder mache ich mit der Serienbildfunktion und renn‘ dann ein
paarmal an der Cam vorbei. Idealerweise sind dann Bilder dabei, wo die Arm- und
Beinstellung einigermaßen dynamisch aussieht. Wichtig ist mir, dass die Bilder
authentisch sind. Wenn der Laktaktspiegel also gerade Unterkante Gehörgang ist,
grinse ich das nicht für Instagram weg, sondern man wird es in meinem
Gesichtsausdruck ablesen können.
Suchst du auch mal die Gemeinschaft beim Laufen, oder brauchst du die Gipfel
ganz für dich allein?
Mein Freundeskreis ist jetzt leider nicht der sportlichste und ne coole Laufcrew in meiner Umgebung habe ich noch nicht gefunden. Aber generell hätte ich schon mega Bock drauf.
Vielleicht steckst du sie ja auch noch an 😊. Nebenbei: es ist sehr wichtig auf seinen Körper zu hören. Wie beugst du Verletzungen vor?
Uhhh, da bin ich vermutlich ein schlechter Ratgeber. Ich bearbeite meine Apparatur zwar täglich mit Dehnungen, Blackroll und Massagen. Aber glaub mir, im Kapitel „Auf seinen Körper hören“ gebe ich kein gutes Vorbild ab. Ich versuche mein Training so zu gestalten, dass auf harte Einheiten lockere Einheiten oder ein Pausetag folgen. Die Umsetzung ist mit Training in den Bergen und auf Trails aber schwierig.
Der eine haut sich eine Tafel Schoki rein und läuft sie am nächsten Tag
wieder raus. Ein anderer ist super Ernährungsbewusst. Wo stehst du?
Von den beiden Extrema dürfte ich wohl in der Mitte liegen. Selbstkasteiung
ist nicht mein Ding. Ich hau mir Schokolade und Bier rein, aber bin jetzt auch
keiner der sich generell ungesund ernährt. Ernährung ist ehrlich gesagt nicht
mein wichtigster Agendapunkt, aber ich weiß, dass das Thema es eigentlich
Wert wäre, ihm mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Besten Dank für deine Worte Daniel! Welche Tipps hast du zum Ende noch für Laufeinsteiger parat?
Und Welche Ziele hast du selbst noch vor Augen?
Laufen ist halt ein echt fieser Sport, um anzufangen. Ich weiß noch, wie übel sich das anfänglich angefühlt hat und wie wenig das motiviert die Laufschuhe erneut zu schnüren. Deswegen ist es wichtig sich eine gute Umgebung zu schaffen damit die Randbedingungen Spaß machen. Das können ein motivierender Laufpartner sein, Laufklamotten in denen du dich gut fühlst oder eine attraktive Laufstrecke. Wenn man sich ein paar Monate durchgebissen hat, wird man feststellen ob es die richtige Sportart ist. Laufen kann Spaß machen, das muss aber nicht für jeden gelten. Bei mir war es auf jeden Fall so, dass der Knoten irgendwann platzte. Sprich, der Schweinhehund saß nicht mehr auf der Couch, sondern trägt heute selbst Laufschuhe. Fällt mal eine Einheit aus, findet der das gar nicht so geil. Der Mensch ist eben einfach ein Gewohnheitstier.
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